Lieblingsgedichte
Und auf einmal merkst du äußerlich:
Wie viel Kummer zu dir kam,
wie viel Freundschaft leise von dir wich,
alles Lachen von dir nahm.
Fragst verwundert in die Tage.
Doch die Tage hallen leer.
Dann verkümmert deine Klage...
Du fragst niemanden mehr.
Lernst es endlich, dich zu fügen,
von den Sorgen gezähmt.
Willst dich selber nicht belügen
und erstickst es, was dich grämt.
Sinnlos, arm erscheint das Leben dir,
längst zu lange ausgedehnt. -
Und auf einmal - : steht es neben dir,
an dich angelehnt -
Was?
Das, was du so lang ersehnt.
(Joachim. Ringelnatz)
Die Familie ist die Heimat des Herzens!
( Giuseppe Mazzini)
Wenn der Regen niederbraust,
Wenn der Sturm das Feld durchsaust,
Bleiben Mädchen oder Buben
Hübsch daheim in ihren Stuben.
Robert aber dachte: Nein!
Das muß draußen herrlich sein!
Und im Felde patschet er
Mit dem Regenschirm umher.
Hui, wie pfeift der Sturm und keucht,
Dass der Baum sich niederbeugt!
Seht! den Schirm erfasst der Wind,
Und der Robert fliegt geschwind
Durch die Luft so hoch, so weit;
Niemand hört ihn, wenn er schreit.
An die Wolken stößt er schon,
Und der Hut fliegt auch davon.
Schirm und Robert fliegen dort
Durch die Wolken immerfort.
Und der Hut fliegt weit voran,
Stößt zuletzt am Himmel an.
Wo der Wind sie hingetragen,
Ja! das weiß kein Mensch zu sagen.
Heinrich Hoffmann
Von drauß vom Walde komm ich her,
ich bin ein kleiner Mann.
Knecht Ruprecht, ich will artig sein
mit Mandeln drum und dran.
Lustig,lustig.trallali …
Nein. So stimmt das Sprüchlein nie!
Verschneit liegt rings die ganze Welt,
und das bei Wind und Wetter.
Du lieber, guter Weihnachtsmann,
wie treu sind deine Blätter.
Lustig, lustig, trallali …
Dieser Vers – der stimmt doch nie!
Alle, alle Jahre wieder
steigt das Büblein auf den Baum,
sogar im Winter, wenn es schneit.
Oh holder, süßer Traum.
Lustig, lustig, trallalum …
Das war wieder falsch und dumm!
Jetzt kann ich ihn, den Weihnachtsspruch!
Hört alle, alle zu:
Ich bin kein Pfefferkuchenmann,
will keine Mäh und Muh.
Ich komme nicht vom Himmel her
und bin auch nicht verhext.
Ich merke mir nur leider schwer
den rechten Weihnachtstext.
Darum will ich nicht länger mehr
mein langes Sprüchlein leiern.
Nur eins ist wichtig: Denkt daran,
warum wir Weihnacht feiern.
(Autor unbekannt)
Das Licht der Sonne scheine auf deinen Fenstersims.
Dein Herz sei voll Zuversicht, dass nach jedem Gewitter ein Regenbogen am Himmel steht.
Der Tag sei dir freundlich, die Nacht dir wohlgesonnen.
Die starke Hand eines Freundes möge dich halten, und Gott möge dein Herz erfüllen mit Freude und glücklichem Sinn.
irischer Segen
Habe ein heitres, fröhliches Herz
Januar, Februar und März,
Sei immer mit dabei
In April und Mai,
Kreische vor Lust
In Juni, Juli, August,
Habe Verehrer, Freunde und Lober
In September und Oktober,
Und bleibe meine gute Schwester
bis zum Dezember und nächsten Silvester.
(Theodor Fontane)
Tröste dich, die Stunden eilen,
Und was all dich drücken mag,
Auch die schlimmste kann nicht weilen,
Und es kommt ein andrer Tag.
In dem ew’gen Kommen, Schwinden,
Wie der Schmerz liegt auch das Glück,
Und auch heitre Bilder finden
Ihren Weg zu dir zurück.
Harre, hoffe. Nicht vergebens
zählest du der Stunden Schlag:
Wechsel ist das Los des Lebens,
Und – es kommt ein andrer Tag.
Theodor Fontane
Kein Schlaf noch kuehlt das Auge mir,
Dort gehet schon der Tag herfuer
An meinem Kammerfenster.
Es wuehlet mein verstoerter Sinn
Noch zwischen Zweifeln her und hin
Und schaffet Nachtgespenster.
– Aengste, quaele
Dich nicht laenger, meine Seele!
Freu dich! schon sind da und dorten
Morgenglocken wach geworden.
Eduard Mörike
Bei dir sind meine Gedanken
und flattern um dich her;
sie sagen, sie hätten Heimweh,
hier litt' es sie nicht mehr.
Bei dir sind meine Gedanken
und wollen von dir nicht fort;
sie sagen, das wär' auf Erden
der allerschönste Ort.
Sie sagen, unlösbar hielte
dein Zauber sie fest gebannt,
sie hätten an deinen Blicken
die Flügel sich verbrannt.
(Friedrich Halm)
* Gedanken für wvs
Ja, selig sind sie –
Selig wie Kinder,
Die, halb noch an nährender Mutterbrust,
Halb schon die ersten Schritte tun,
Von Blumen und Faltern gelenkt
Und vom Zwitschern des Vogels,
Aber verschüchtert sogleich
Vor jedem rauschenden Lufthauch
Zurück sich flüchten in die schützende Hut.
Nur Nächstes im Auge,
Greifen sie nach dem Nächsten nur –
Und so leben sie hin
Gute und böse Tage,
Harmlos, als müßt' es so sein,
Nur das eigene Wohl und Weh bedenkend.
Inzwischen schreitet an ihnen vorüber die Zeit
Und reißt die Ahnungslosen
Wie im Traum mit sich fort.
Und wenn sie dann plötzlich
Erwachen bei unsanftem Ruck,
Blicken sie auf und fragen in rührender Unschuld: was ist? –
Ja, was ist!? Ihr andern
Könnt es ihnen sagen:
Denn ihr wißt es.
Dann horchen sie auf
Und stehen beschämt –
Und klug wie zuvor.
Sie begreifen nichts,
Sie lernen nichts,
Und fremd bleibt ihnen alles,
Was ihr preist als die höchsten Triumphe der Menschheit.
Aber dafür auch
Bleibt ihnen erspart die letzte Erkenntnis:
Die Erkenntnis der eigenen Nichtigkeit
Und das öde Bewußtsein
Von des ewigen Einerlei trostloser Wiederkehr.
[Ferdinand von Saar (1833 - 1906),
österreichischer Schriftsteller, Novellist, Lyriker und Dramatiker]